Historischer Verein Landkreis Haßberge e. V.

Am 14. Januar 2005 wurde der Historische Verein Landkreis Haßberge e. V. gegründet. Der Verein hat seinen Sitz in Haßfurt und ist ein korporatives Mitglied im Frankenbund.


Nachrichtenarchiv


Drittes Heimatseminar in Haßfurt am 3. Juli 2008


Bild: Die Vortragenden und ihr Lehrer (v. l. n. r): Sarah Wächter, Wolf Wagner, Franz Gössl und Anna Ruß

Am Donnerstag, dem 3. Juli um 19 Uhr, veranstaltete der Historische Verein Landkreis Haßberge e. V. in der Aula des Schulzentrums des Regiomontanus-Gymnasiums Haßfurt seine dritte Tagung zur Heimatgeschichte. Der Veranstaltungsort unterstrich den thematischen Schwerpunkt der Veranstaltung, denn der Historische Verein Landkreis Haßberge e. V. betreute auch dieses Jahr Schüler des Regiomontanus-Gymnasiums im Leistungskurs Geschichte bei ihren Facharbeiten. Mit dem Abiturjahrgang 2009 werden diese Facharbeiten selbst der Geschichte angehören, denn das achtjährige Gymnasium (G 8) kennt diese Form der wissenschaftlichen Ausbildung ab 2010 nicht mehr. Der Historische Verein wird sich jedoch auch weiterhin der Vermittlung regionaler Geschichte an den Schulen verpflichtet fühlen und sich auch zukünftig in die Wissenschafts- und Projektseminare des achtjährigen Gymnasiums (G 8) einbringen.

Nach den einleitenden Worten durch den Leiter des Leistungskurses Geschichte, Franz Gössl, und den 1. Vorsitzenden des Historischen Vereins, Dr. Stephan Diller, begann die Abiturientin Anna Ruß aus Sand ihren Vortrag über den katholischen Pfarrer von Unterhohenried, Gregor Deppisch (1899–1983), und seiner Haltung im Dritten Reich. Die von den Nazis geforderte Gemeinschaftsschule anstelle der vorherrschenden Bekenntnisschule wurde naturgemäß von den Kirchen abgelehnt. Viele Lehrer strebten eine Parteikarriere an, und mussten daher die antikirchliche Politik der NSDAP vertreten. So kam es, dass in vielen fränkischen Gemeinden häufig die Pfarrer den Lehrern gegenüber standen. Bevor der 1899 geborene Gregor Deppisch im Jahr 1940 Pfarrer in Unterhohenried wurde, hatte er bereits in seiner vorherigen Stellung in Mühlhausen einen solchen Konflikt mit dem dortigen Hauptlehrer ausgetragen, der Gregor Deppisch immer wieder angezeigt hatte. Aber auch in Unterhohenried wurde Gregor Deppisch aufgrund seiner kritischen Haltung zum Dritten Reich immer wieder aus der Bevölkerung angeschwärzt. So kam es, dass Gregor Deppisch im April 1944 zunächst in Sylbach von der Gestapo verhört wurde und im September 1944 im Zuchthaus Ebrach eingesperrt war. Als die Amerikaner näher kamen, sollte er nach Dachau verlegt werden. Auf diesem Fußmarsch gelang ihm am 29. April 1945 50 km vor Dachau die Flucht zurück nach Unterhohenried, wo er bis zu seiner Pensionierung zurückgezogen lebte.

Im zweiten Vortrag berichtete Wolf Wagner aus Holzhausen über den ersten Nachkriegs-Bürgermeister in Königsberg, Georg Bezold (1899–1962), dessen Leben er mit Unterstützung von Altlandrat Dr. Walter Keller erforscht hatte. Der 1899 in Ebermannstadt geborene Georg Bezold absolvierte nach der Volksschule eine Bäckerlehre, landete aber im Jahr 1916 in den Kruppwerken in Essen, wo er erste Kontakte zum Arbeitermilieu knüpfte. Nach zwei Jahren im Ersten Weltkrieg zog er nach Königsberg, wo er Arbeit in den Fränkischen Rohrwerken fand. 1920 trat er in die Gewerkschaft ein, 1923 wurde er SPD-Mitglied, Vertrauensmann, zog 1927 in den Bezirkstag Hofheim ein und 1930 in den Stadtrat in Königsberg. Nach einer Denunziation am 27. September 1936 durch Wilhelm Haas wurde er verhaftet und nach Dachau gebracht und verhört. Zwar wurde er in einem Gerichtsverfahren am 5. April 1937 nur zu drei Monaten Gefängnis verurteilt, die mit der Untersuchungshaft schon abgegolten waren. Trotzdem ließ man ihn nicht frei. So kam es, dass Georg Bezold erst nach zwei Jahren Haft 1938 wieder nach Königsberg kam, physisch stark angeschlagen und kaum mehr in der Lage, seine Familie zu ernähren. Nach dem Stauffenberg-Attentat auf Hitler wurde der als politisch unzuverlässig geltende Georg Bezold 1944 erneut nach Dachau gebracht und verhört, jedoch wieder freigelassen. Als die Amerikaner in Franken den Krieg beendeten, setzten sie im April 1945 Georg Bezold als Ersten Bürgermeister ein. In der Folgezeit wurde Georg Bezold noch viermal zum Bürgermeister von Königsberg gewählt. 1962 starb er, von den Königsbergern mit der Ehrenbürgerwürde ausgezeichnet. Georg Deppisch gehört zu den Nachkriegsbürgermeistern des Landkreises Haßberge, die aus dem kollektiven Gedächtnis der Menschen bereits verschwunden sind.

Einen anderen Bürgermeister beschrieb die dritte Referentin des Abends, die Haßfurterin Sarah Wächter. Hans Kram, ein überzeugter Nationalsozialist, war Bürgermeister in Haßfurt von 1933 bis 1939. Sarah Wächter nutzte für ihre Arbeit nicht nur die vorhandenen schriftlichen Quellen, wie die im Stadtarchiv Haßfurt vorhandenen Sitzungsprotokolle, oder die Rechtfertigungsschrift Hans Krams bei der Spruchkammer in Hammelburg, sondern bemühte sich auch um die Sicht eines damaligen Mitglieds im Stadtrat. Hans Kram wurde 1902 in Roth bei Nürnberg geboren, absolvierte ein Jurastudium in Würzburg und trat bereits 1920 in die NSDAP ein. Am 27. April 1933 wurde er zum damals noch ehrenamtlichen Ersten Bürgermeister von Haßfurt gewählt. Damals befanden sich neben den 8 NSDAP-Mitgliedern noch 5 BVP- und 2 SPD-Mitglieder im Haßfurter Stadtrat. Bis Mitte Juli 1933 waren jedoch alle Oppositionellen aus dem Stadtrat von Haßfurt beseitigt, zum Teil durch Beitritt der drei BVP-Mitglieder zur NSDAP, zum Teil durch Ausscheiden der zwei SPD-Mitglieder. Bis 1938 waren unter der Führung von Hans Kram 50 Siedlungshäuser in Haßfurt bezugsfertig geworden und hatten so zur Beseitigung der Wohnungsnot in Haßfurt beigetragen. Doch Hans Kram war für die NSDAP-Größen des Landkreises wohl kein bequemer Kandidat, denn als er sich auf den umgewandelten Posten des hauptamtlichen Bürgermeisters von Haßfurt bewarb, wurde er von seiner eigenen Partei zweimal abgelehnt. Daraufhin verließ Hans Kram Haßfurt und wurde auf Anregung des in Haßfurt geborenen Reichsstatthalters von Thüringen und Kriegsverbrechers, Fritz Sauckel, am 14. März 1439 Landrat in Thüringen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verbrachte Hans Kram drei Jahre in Internierungslagern, griff seine Arbeit als Rechtsanwalt wieder auf und starb 1966 im Alter von 64 Jahren.

Im Anschluss an die Vortragsreihe der Abiturienten stellte Roland Mayer den 2003 anlässlich der 1200 Jahrfeier gegründeten Heimatgeschichtlichen Arbeitskreis Ebelsbach vor und Robert Endres gab Einblicke in die Arbeit des Kulturvereins Museum Schloss Oberschwappach.

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